Überleben im Saarlandoderwie ergeht es jemandem, der in's Saarland m u s s
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Für Jeden, der aus welchen Gründen auch immer, in's Saarland
muss, stellt sich erst einmal die Frage,
"wo ist denn das?"
Man greift zur Deutschlandkarte, stellt fest, dass das praktisch in Frankreich
sein muss, und zwar an dem Ende Frankreichs, wo wirklich überhaupt nichts
los ist.
Wen es nicht gerade ins Saarland verschlägt, der hat noch nie einen Gedanken
dran verschwendet, wo das liegt und wie es da aussieht. Diese Erkenntnis würde
den Saarländer aber möglicherweise in eine tiefe Identitätskrise
stürzen, und das wollen wir dieser liebenswerten Spezies doch nicht antun.
Und jetzt stehst Du hier im Saarland und fragst Dich: Warum?
Entweder, Du fährst dann ein, zwei Jahre lang jedes Wochenende heim ins Reich und wechselst dann die Uni, den Beruf oder die Frau/Mann, ohne je einen Saarländer kennen gelernt zu haben. Oder Du freundest Dich mit dieser netten Spezies Mensch an, gehst nach drei Monaten zum ersten Mal zu einem von ihnen Schwenkbraten grillen, verschiebst Deinen Besuch bei Mama, um das Dorffest nicht zu verpassen, und irgendwann merkst du, dass es Dich ärgert, wenn Deine Verwandten über das Saarland lästern.
Spätestens dann ist es Zeit zu gehen - oder für immer hier zu bleiben...
Vorausgesetzt,
Dann steht einem glücklichen Aufenthalt im Land der unbegrenzten Lyoner nichts mehr im Wege!
Der Saarländer hängt nämlich der Vorstellung nach, "im
Reich" gebe es Vorurteile gegen ihn und sein Land.
Das ist falsch!
Erzähle einem Saarländer aber nicht, dass Du von Dibbelabbes noch
nie etwas gehört hast, dass Du immer dachtest, Lyoner käme aus Lyon,
Rostwurst aus Thüringen, Kohle aus dem Ruhrgebiet und aus dem Saarland
nur Oskar Lafontaine.
Sag einfach:
"Das Saarland ist ganz anders,
als ich dachte - viel schöner!
So grün!
So interessante Schlösser!
So wenig Kohle!
So lecker Schwenkbraten!"
Damit dürftest Du richtig liegen.
Gerade die ersten Kontakte mit den "Ureinwohnern" führen häufig
zu Missverständnissen.
Dabei reicht es fürs Erste, folgende Regeln
zu beherzigen:
Die vielseitige Begrüßungs-Formel "Unn..?" ist der erste
Beweis dafür, dass Deine Existenz im Bewusstsein Deines saarländischen
Bekannten angekommen ist.
Mit "Unn?" gibt er zu verstehen, dass er Dich wiedererkennt und bereit
ist, mit Dir ein Schwätzchen einzuleiten.
"Unn..?"bedeutet, je nach Zusammenhang, etwa: "Wie gehts?",
"Wie war's bei der Arbeit?" (Merke: der Saarländer geht morgens
zur Arbeit, nicht in's Geschäft, egal, was er beruflich macht!), "Schön,
Dich zu sehen, kommst Du mit in die Stadt?", oder auch:"Bist Du jetzt
wieder mit Deiner Freundin zusammen?"
Es ist ganz einfach: Er sagt: "Unn...?", und Du suchst Dir war passendes
aus.
Stark vereinfacht gilt folgende Formel: Schwenkbraten oder Lyoner + "unn...?" gleich Saarländer!
Derart ins Schwatzen gekommen, lass Dich nicht vom beliebten Wort "holl"
( holen) irritieren.
Der Saarländer nimmt nicht, er holt.
Klasse, was?
Im Laufe der Unterhaltung wirst Du mit Begeisterung feststellen, was für ein umgänglicher Mensch der "Saarländische Ureinwohner" ist, wenn er die erste Scheu vor dem Reichsdeutschen überwunden hat.
Nur zwei Dinge machen ihn zum Tier:
Solltest Du mal einem begegnen, der Dir zumurmelt: "Isch hann de Freck/Flemm",
dann suche unverzüglich die Weite!
Eine dieser Vokabeln bezeichnet eine ansteckende Erkältungskrankheit (Freck),
die andere eine ansteckende schlechte Laune (Flemm). Welches was ist, wird sich
vermutlich jeder Nicht-Saarländer 1000 Mal erklären lassen und anschließend
1000 Mal wieder vergessen. Macht aber nichts. Wichtig ist hingegen folgender
Merksatz: "Flemm" oder "Freck"? Nichts
wie weg!!!
Ab und an wir Dir ein Edel-Saarländer begegnen, jemand, der am Saarbrücker
Deutsch-Französischen- Gymnasium sowohl das Abitur als auch das Baccalaureat
erworben hat, sich mit sämtlichen Weinsorten von Bordeaux bis Chardonny
auskennt und jetzt vielleicht irgendeinen der tausend deutsch-französischen
Studiengänge an der Uni Saarbrücken besucht ( mit einem komplizierten
Namen, den sich niemand merken kann).
Dieses gebildete Exemplar des "Homo Saraviensis" wird Dir vorschwärmen
von den Vorzügen der Grenzregion im Dreiländereck, der interessanten
Saarländischen Geschichte ( was aber auch der Edel-Saarländer als
"Saarländisch Geschicht" ausspricht!), vom französischen
Flair Saarbrückens und so weiter und so weiter...
Lass Dich davon nicht einschüchtern.
Kein Mensch interessiert sich hier für die "Wackes" ( saarländisch
für "Unsere lieben Freundinnen und Freunde aus Lothringen") und
anständig französisch sprechen nur die Supermarkt-Verkäuferinnen
aus Frankreich.
Der aufrechte Saarländer betritt Frankreich nur zum Einkaufen
und Luxemburg nur zum Tanken, und wenn sie da kein Deutsch sprechen, ärgert
er sich gewaltig und fährt wieder "hemm".
Dort angekommen, ist er dann endlich "widda dahemm"!
Ein schönes, kleines Video von Studenten der Hochschule für Bildende Künste in Saarbrücken zum Thema "50-Jahre Saarland" (2008) findet sich hier: 50 Jahre Saarland. - es lohnt sich mal reinzuschauen!
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